Cannabis – von manchen Leistungssportlern geschätzt, von der Welt-Anti-Doping-Agentur verboten. Da stellt sich natürlich die Frage, ob Cannabis wirklich so gefährlich ist und ob die Pflanze tatsächlich die Leistungsfähigkeit steigern kann. Ist Cannabis ein Dopingmittel? Wir haben die Antwort auf Deine Fragen!
Was ist Cannabis?
Unter Cannabis versteht man am häufigsten die Pflanzenteile der Hanfpflanzen Cannabis Indica, Cannabis Sativa oder Kreuzungen der beiden. Die Verwendung der Pflanze, um durch die halluzinogene Wirkung einen Zustand des Rausches zu induzieren, geht bis weit in die chinesische Geschichte zurück. Neben Alkohol ist Cannabis eines der ältesten und am weit verbreitetsten Rauschmittel weltweit. In vielen Ländern wird für eine Legalisierung der Nutzpflanze demonstriert.
Die wesentlichen wirksamen Substanzen in der Hanfpflanze sind die Cannabinoide
- Tetrahydrocannabinol (THC),
- Cannabinol (CBN) und
- Cannabidiol (CBD)
Während THC hauptsächlich für die berauschende Wirkung verantwortlich ist und von den meisten Verbrauchern geraucht und ganz klassisch als Kiffen bezeichnet wird, gilt CBD als angstlösend, entzündungshemmend, krampflösend und als Mittel gegen Übelkeit. CBN wirkt in erster Linie auf Immunzellen.
Insgesamt enthält Cannabis über 400 verschiedene Substanzen, von denen mindestens 61 Cannabinoide sind. Je nach Hanfsorte unterscheiden sich die Zusammensetzung dieser Substanzen und damit auch die Wirkung des Cannabis.
Wirkung: Welchen Einfluss hat der Konsum von Cannabis auf Deinen Körper?
Manche Wirkstoffe der Hanfpflanze können sich an die körpereigenen Cannabinoid-Rezeptoren CB1 und CB2 binden. Sie passen in die Bindungsstelle der Rezeptoren wie ein Schlüssel in ein Schloss, wodurch sie eine nachfolgende Reaktion in der Zelle auslösen.
Auf diese Weise ahmen die in dem Hanf enthaltenen Wirkstoffe die natürlichen Bindungspartner der Rezeptoren nach. Keinesfalls kannst Du aus dem Namen der Rezeptoren schließen, dass die Cannabinoide aus der Hanfpflanze die natürlichen Hauptakteure sind. Mutter Natur hat uns nicht mit Cannabinoid-Rezeptoren ausgestattet, weil wir Haschisch konsumieren sollen.
Forscher wählten den Namen lediglich, weil sie die Rezeptoren bei der Suche nach der Wirkungsweise von Cannabis erstmalig entdeckt haben. Die CB1- und CB2-Rezeptoren bilden zusammen das sogenannte Endocannabinoid System und das funktioniert ganz ohne den Konsum von Cannabis.
Das Endocannabinoid System ist an folgenden Funktionen des Körpers beteiligt:
- Fortbewegung
- emotionales Verhalten
- Denkvermögen
- Herz-Kreislauf-System
- Schmerz
- Essverhalten
Die natürlichen Bindungspartner von CB1 und CB2 sind beispielsweise Stoffe, die der Arachidonsäure strukturell ähnlich sind und von dieser abstammen oder zu dieser abgebaut werden. Anandamid gehört zu diesen sogenannten natürlichen Liganden. Der menschliche Körper kann Anandamid selbst herstellen. Es ist aber unter anderem auch in Kakao enthalten. Vielleicht ein weiterer Grund, warum Schokolade und Hanf in Space Cookies und Brownies so gut zusammenpassen.
Cannabis: Wie wirkt THC?
THC bindet an den Cannabinoid Rezeptor CB1. Da sich der CB1-Rezeptor bevorzugt in Nervenzellen des Gehirns befindet, ist dort der hauptsächliche Wirkungsort von THC. Neben seinem berauschenden Effekt soll THC zudem das Kurzzeitgedächtnis, die Entscheidungsfindung und die Reaktionsgeschwindigkeit beeinträchtigen.
Die Wirkungsweise von THC ist abhängig von der Dosis und teils gegensätzlich. In niedrigen Dosen wirkt es sedierend, in höheren Dosen erregend. Ein regelmäßiger Cannabiskonsum reduziert die Anzahl an CB1-Rezeptoren und macht die noch vorhandenen weniger empfindlich. Je regelmäßiger du Cannabis konsumierst, desto abgeschwächter ist also die Wirkweise.
Wie wirkt CBN?
CBN passt strukturell in die Bindungsstellen des CB2-Rezeptors. Immunzellen und Zellen des Knochenaufbaus und -abbaus sind die häufigsten Träger der CB2-Rezeptoren. Folglich wirkt CBN weniger auf das Gehirn und beeinflusst stattdessen das Immunsystem und die Knochen.
Wie wirkt CBD?
CBD wirkt nicht direkt über die Cannabinoid Rezeptoren, sondern indirekt auf den Stoffwechsel, das Immunsystem und einige neuronale sowie hormonelle Signale. Wie der genaue Funktionsmechanismus abläuft, erforschen Wissenschaftler noch. Dafür sind sich Forscher einig, dass CBD die Wirkung von THC beeinflussen kann.
Die überwiegend positiven Eigenschaften – wie die angstlösende, entzündungshemmende, krampflösende und Übelkeit reduzierende Wirkung – machen CBD für medizinische Anwendungen und für Sportler sehr interessant, um beispielsweise Verspannungen oder Muskelschmerzen schneller loszuwerden. Der klassische Rauschzustand, wie er durch den Genuss von Marihuana entsteht, bleibt bei der CBD-Einnahme aus. Aus diesem Grund kann CBD als natürliche Droge gerade für Patienten und Athleten von großer Bedeutung sein. Am häufigsten wird CBD mit Hanföl vermengt und als CBD Öl verkauft. Der Wirkstoffgehalt unterscheidet sich von Produkt zu Produkt.
Wann hilft und wann schadet Cannabis Deiner Leistungsfähigkeit?
Der Effekt von Cannabis auf die Leistungsfähigkeit hängt vom jeweiligen Körpertyp ab. Manche Sportler nehmen es als natürliche Droge, um sich zu motivieren und die Schmerzgrenze herabzusetzen, während es anderen durch Cannabis eher an Motivation mangelt.
Auf jeden Fall spielt die Art und Weise, wie Cannabis konsumiert wird, eine große Rolle. Eigentlich dürfte jedem klar sein, dass jegliche Form des Kiffens gesundheitlich keine gute Idee ist. Erst recht nicht, um die sportliche Leistung zu steigern. Auch beim Rauchen von Haschisch oder Marihuana überwiegen die negativen Auswirkungen des Rauches auf die Lunge und Atemwege.
Ganz egal, ob pur oder gemischt mit Tabak. Zudem entstehen durch das Verbrennen von Cannabis Produkten zahlreiche krebserregende Stoffe. Cannabis zu verdampfen oder in Form von Keksen zu essen, sind wohl in jeder Hinsicht die gesünderen Varianten.
Man muss die Hanfpflanze aber nicht immer rauchen, um eine Wirkung zu erzielen. Cannabis findet auch in Form von Hanfprotein, um die Muskulatur mit Eiweiß zu versorgen, oder in Form von Öl als Cannabisöl Verwendung, wo es sowohl oral konsumiert werden kann oder für die Hautpflege oder Muskelentspannung in Cremes dient.
Cannabis Dosierung: Welche Rolle spielt die Menge?
Die Dosis von THC und CBD ist mitentscheidend für den Effekt auf die Leistungsfähigkeit. Der Konsum geringer Mengen THC wirkt eher beruhigend, entspannend und angstlösend. Bei einer höheren Dosierung an THC überwiegt hingegen die Erregung, die zu psychotischen Zuständen führen kann. Dabei dauert sowohl die entspannende als auch die erregende Wirkung länger an als der Rauschzustand.
Wichtig zu wissen ist auch, dass, je nachdem, wie Cannabis zugeführt wird, unterschiedlich viele Cannabinoide ins Blut gelangen. Beim Kiffen von Marihuana gehen ungefähr 20 % des enthaltenen THC ins Blut über. Bei der oralen Einnahme von Haschisch sind es sogar nur etwa 6 %.
Wie viel THC und CBD letztlich im Blut landen, hängt außerdem von dem verwendeten Cannabis Produkt ab. Marihuana, also die getrockneten unbefruchteten weiblichen Blütenstände, enthält weniger THC als das aus den Blütenständen bereits extrahierte Haschisch. Haschischöl wird manchmal als nahezu reines THC bezeichnet. Allerdings gibt es auch beim Haschischöl sehr große Unterschiede im THC Gehalt.
Darüber hinaus gibt es bei den verschiedenen Hanfsorten und deren THC- und CBD-Gehalt erhebliche Unterschiede. Indischer Hanf (Cannabis indica) weist ein höheres Verhältnis von CBD zu THC auf als beispielsweise der gewöhnliche Hanf (Cannabis sativa). Dadurch wirkt indischer Hanf beruhigender als Abkömmlinge anderer Arten.
Wie könnte Cannabis Deine sportliche Leistung steigern?
Die entspannenden, schmerzlindernden und angstlösenden Effekte des Cannabis gelten als die wahrscheinlichsten Gründe für eine Leistungssteigerung. Sie wirken eher indirekt über das Durchhaltevermögen, die Risikobereitschaft und die Regeneration. Ob Cannabis noch direktere leistungssteigernde Eigenschaften besitzt, ist bislang unklar.
Der Konsum von Cannabinoiden ist von der Welt-Anti-Doping-Agentur für professionelle Sportler im Wettkampf als Doping verboten. Die Welt-Anti-Doping-Agentur geht zwar nicht von einer leistungssteigernden Wirkung aus, sieht aber die erhöhte Risikobereitschaft durch Cannabis als Problem für den Sportler.
Was sagen wissenschaftliche Studien zur Leistungssteigerung durch Cannabis?
Es gibt nur wenige umfangreiche Studien, welche die Wirkungsweise von Cannabis auf die Leistung eines Menschen untersuchen. Die meisten Daten stammen aus Tierversuchen oder aus Erfahrungsberichten der Cannabis konsumierenden Sportler. Insofern sind die Ergebnisse mit Vorsicht zu genießen.
Weitgehende Einigkeit herrscht über die schmerzlindernde Wirkung von Cannabis. Dadurch können Sportler ihre Grenzen überschreiten und länger durchhalten. Die ebenfalls unbestrittene angstlösende Eigenschaft des Cannabis soll professionellen Sportlern helfen, unter Druck eine bessere Leistung erzielen zu können.1
Die beruhigende und entspannende Wirkung von Cannabis hilft bei der Regeneration. Vor allem CBD soll für eine bessere Muskelentspannung nach dem Training sorgen, bei Stress helfen und antidepressive Eigenschaften besitzen. Die durch CBD hervorgerufene allgemeine Ausgeglichenheit und gute Laune können Deine Leistung ebenso positiv beeinflussen wie ein guter Schlaf.
Eine größere Studie kam zu dem Ergebnis, dass viele Sportler Cannabis gerade wegen seiner entspannenden Eigenschaft für eine Leistungssteigerung im Sport nutzen. Je höher das Wettkampfniveau war, desto mehr Cannabis haben die Sportler verwendet.2
Andere Sportler berichten, dass sie durch Cannabis leichter Entscheidungen treffen können und kreativer sind. Ein erhöhtes Selbstvertrauen, eine stärkere Beharrlichkeit und die durch Cannabis ausgelöste Euphorie könnten die sportliche Leistung ebenfalls verbessern.3
Außerdem vermuten Wissenschaftler, dass Cannabis die Bronchien erweitert und somit durchblutungsfördernd wirken kann.3, 4 Demnach könnte eine verbesserte Sauerstoffversorgung der Muskeln für eine Leistungssteigerung im Sport sorgen.
Einige Forscher wollen die positiven Auswirkungen von Cannabis auf die kognitive Leistung etwas genauer untersuchen. Ihnen zufolge könnten moderate Dosen von Cannabis Ausdauersportlern helfen, sich beim Training oder bei Wettkämpfen besser zu fokussieren und ihre Leistung bei sportlichen Herausforderungen zu verbessern, die eine höhere Konzentration erfordern.5, 6
Was sind die Nachteile des Konsums von Cannabis bei Deiner Performance?
Ein erhöhter Konsum von Cannabis kann Hunger und Durst verursachen, was beim Sport nicht gerade förderlich ist. Gerade der Fettabbau gestaltet sich mit Cannabis und den Hungerattacken schwierig. Cannabis kann aber auch Deine kognitiven Funktionen und Deine motorische Koordination beeinträchtigen, sodass an Spitzenleistungen nicht zu denken ist.
Die Studienlage sieht, bezüglich der Nachteile des Cannabiskonsums, allerdings kaum besser aus als bei den Vorteilen. So zeigte eine Studie mit Piloten, dass sie nach dem Rauchen von Marihuana deutlich mehr Fehler machten.7 Eine andere Studie wies eine reduzierte Reaktionszeit, eine schlechtere Hand-Auge-Koordination und eine beeinträchtigte Wahrnehmung durch Cannabis nach.8 Eine weitere Studie ließ auf eine vermindert kognitive Leistungsfähigkeit durch Cannabis schließen. Die Wissenschaftler stellten eine Verlagerung der Durchblutung in andere Hirnregionen fest. Sie vermuten, dass die kognitive Leistung zum Vorteil der berauschenden und stimmungsaufhellenden Wirkungen abnimmt.5
Die teils widersprüchlichen Ergebnisse zu Vor- und Nachteilen des Cannabis Konsums lassen einen geringen Studienumfang vermuten. Die unterschiedliche Wirkung von CBD und THC und die uneinheitliche Dosierung erschweren eine eindeutige Schlussfolgerung zusätzlich.
Zusätzlich kommen mögliche gesundheitsschädliche Nebenwirkungen, die jeden Konsum von Cannabis betreffen. Dass der Konsum von Cannabis und Tabak die Gefahr auf Lungenkrebs erhöht ist offensichtlich. Allerdings kann die halluzinogene Wirkung bei Konsumenten eine drogeninduzierte Psychose hervorrufen. Auch Panik und Angststörungen können mit dem Konsum von Cannabis noch verstärkt werden, auch wenn einige Konsumenten mit Cannabis versuchen ihre Angst oder Panik im Selbstversuch zu behandeln.
Diese Symptome können bei Entzugserscheinungen auftreten:
- Schlafstörungen
- Unruhe
- verminderter Appetit
- depressive Verstimmung
- Nervosität oder Angstzustände
- Reizbarkeit
- körperliche Symptome bzw. Beschwerden
Wie wirkt Cannabis auf den Muskelaufbau?
Sicherlich hast Du auch schon einmal gehört, dass Cannabis den Muskelaufbau erschwert. Ob das stimmt, ist jedoch keineswegs bewiesen. Es gibt lediglich wenige Studien dazu, die darauf hinweisen.9, 10 Außerdem ist entweder die Dosis an THC unrealistisch hoch gewählt oder die Aussage wurde noch nicht am Menschen untersucht. Zudem haben die Forscher CBD außer Acht gelassen, dass ganz andere Effekte auf den Körper hat als THC.
In einer größeren medizinischen Studie mit menschlichen Probanden stieg die Konzentration des Stresshormons Cortisol nach der THC-Einnahme an.11
Dabei war der Anstieg von Cortisol im Blut derjenigen höher, die normalerweise kein THC zu sich nehmen. Ein regelmäßiger Cannabiskonsum ließ das Cortisol hingegen nicht so stark ansteigen.
Dennoch ist dieser Effekt weniger hilfreich, um die sportliche Leistung zu verbessern. Schließlich fördert Cortisol den Muskelabbau, ganz zu schweigen von den übrigen negativen Auswirkungen des Stresshormons. Allerdings verabreichten die Forscher das THC in dieser Studie intravenös. Das Zusammenspiel mit anderen Cannabinoiden, wie CBD, berücksichtigt die Studie ebenfalls nicht.
Die beste Wirkung für den Muskelaufbau erzielt natürlich der Konsum von Hanfprotein, da es dort keinen Rausch gibt aber der Körper mit Eiweiß und wichtigen Nährstoffen versorgt wird.
Fazit: Ist Cannabis denn nun zur Leistungssteigerung empfehlenswert?
Letztlich scheint es sehr individuell zu sein, wann Cannabis die Leistung steigern kann und wann nicht. Womöglich müsste jeder Sportler seine eigene Dosis und sein eigenes CBD- und THC-Verhältnis finden, um das Optimum aus sich herauszuholen. Leider ist noch nicht einmal gesichert, dass sich solch ein Selbstversuch, der vermutlich mit vielen Rückschlägen verbunden ist, auch wirklich lohnt.
Wer jedoch schon einige Erfahrung gesammelt hat, könnte von Cannabis durchaus profitieren. Auf keinen Fall empfehlenswert ist der unerprobte Cannabiskonsum vor sportlichen Aktivitäten, die Deine volle Aufmerksamkeit und Geschicklichkeit voraussetzen. Was auch immer Du machst, achte stets auf Dein Körpergefühl und die Signale!
[1] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3717337/
[2] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/16022934/
[3] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3717337/
[4] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/656294
[5] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11117500
[6] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/8667569/
[7] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/1267035
[8] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/16799094
[9] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19648913
[10] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/1270583
[11] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19083209